Wie klimaschädlich eine Ferienreise ausfällt, hängt von der Wahl des Verkehrsmittels und der Entfernung zum Urlaubsort ab. Nur bei Urlauber*innen, die sich mit dem Rad, zu Fuß oder im Boot mit eigener Muskelkraft oder mithilfe des Windes fortbewegen, spielt die Entfernung keine Rolle. Auch das gute Drittel der Bevölkerung, das auf Urlaubsreisen verzichtet oder verzichten muss, trägt in der Regel weniger als Durchschnittsbürger*innen zum CO2-Ausstoß bei.
An der Spitze der Beliebtheitsskala stehen in Deutschland traditionell Ferienreisen in das europäische Ausland. In den vergangenen beiden Jahren verbrachten knapp 30 Prozent der Urlaubsreisenden ihre Ferien in Deutschland, während rund 55 Prozent ins europäische Ausland fuhren. Gut zehn Prozent besuchten Orte im südlichen Mittelmeerraum, weitere sieben Prozent buchten zuletzt Fernreisen.
Im Schnitt entfallen drei Viertel der Treibhausgasemissionen auf Anreise, Abreise und Verkehr am Urlaubsort. Bei Fernreisen ist dieser Anteil deutlich größer, bei Ferien in Deutschland regelmäßig geringer.
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Im Forschungsprojekt Klimaschutz auf der Mittelstrecke haben Tourismusforscher*innen untersucht, wie beliebte europäischen Urlaubsregionen klimaschonend ohne Flug und autofrei erreichbar sind. Die Forscher*innen haben zunächst errechnet, wie viel Treibhausgase pro Person und zurückgelegter Strecke in Schnitt auf dem Weg zum und vom Urlaubsort entstehen.
Züge schonen die Klimabilanz
Demnach sind Fernzüge mit einem Kilo Treibhausgas pro 100 Kilometer und Person in Westeuropa und zwei Kilo in Osteuropa für die Klimabilanz am günstigsten. Am meisten tragen Urlaubsflüge mit 34 Kilo CO2-Äquivalenten pro 100 Kilometer zur Erderhitzung bei.
Bei Flügen geht ein Drittel der Klimawirkung auf CO2-Emissionen und gehen zwei Drittel auf in großer Höhe ausgestoßene Stickoxide und Wasser zurück. Zudem legen Flugreisende meist größere Entfernungen zum Urlaubsort zurück. Wer mit dem Zug einen Urlaubsort in Deutschland oder im grenznahen Ausland ansteuert, schont das Klima sehr.
Klimaschonendes Reisen kostet Zeit
Aber auch entferntere europäische Urlaubsziele sind per Bahn erreichbar. Die Tourismusforscher* innen haben dazu ein kleines Handbuch zum „Reisen mit Klimaschutzfaktor“ erarbeitet. Danach muss man für klimaschonendes Reisen vor allem mehr Zeit mitbringen. Für die Bahnreisen zum Urlaubsort haben die Forscher*innen jeweils eine Durchschnittsdauer errechnet, die die Reisezeit bei Abfahrt in Berlin, Frankfurt/Main, Hamburg, Köln oder München zusammenfasst.
Bis London ist ein*e Urlauber*in demnach mit der Bahn von Deutschland aus im Schnitt 8,4 Stunden unterwegs, mit dem Flugzeug 5,3 Stunden. Dabei wurden Zeiten fürs Ein- und Auschecken und jeweils 30 Minuten für die Fahrt zum und vom Flughafen in Innenstädte einbezogen. Auch etwa bei Reisen in die Toskana, nach Rom, Katalonien oder Aquitanien an der französischen Atlantikküste differieren die Reisezeiten zwischen Bahn und Flugzeug höchstens um sechs Stunden.
Anders ist es bei Reisen nach Istanbul, Athen oder auf die Kanaren, bei denen der Flug einen halben Urlaubstag in Anspruch nimmt und die Reisen mit der Bahn oder mit Bahn und Fähre eineinhalb, gut zwei oder gleich drei Tage dauern können.
Attraktiv sind Nachtzüge und Interrail
Europäische Bahnurlauber*innen müssen zudem umsteigen, häufig mehrfach. Die Expresszüge der Deutschen Bahn, die früher von Kopenhagen bis Rom, direkt nach Sarajevo oder nach Portbou an der französisch-spanischen Grenze fuhren, sind längst Vergangenheit.
Allerdings haben die Österreichischen Bundesbahnen am Jahresanfang ihr deutsches Angebot an Nachtzügen ausgeweitet, sodass Städte in Italien, Frankreich, Belgien und im Alpenraum wieder über Nacht und durchaus preisgünstig erreichbar sind.
Normale Bahnreisen sind zudem durch Interrail-Pässe attraktiv. Junge Menschen können damit für 194 Euro und Erwachsene für 258 Euro an vier Reisetagen in einem Monat in Europa unterwegs sein.
Jürgen Voges
(Dieser Artikel ist zuerst erschienen im NaturFreunde-Mitgliedermagazin NATURFREUNDiN, Ausgabe 1-24.)