Schon vor mehr als 100 Jahren hat sich das wasserreiche Frankfurt zum Wassermangelgebiet erklärt, um die Grundwasservorkommen des Umlandes anzapfen und somit die Verantwortung für den Grundwasserschutz und dessen Kosten dorthin delegieren zu können. Das war durchaus erfolgreich: heute werden mehr als 2/3 seines Wasserverbrauchs aus den Brunnen des Vogelsberges, des Hessischen Rieds, des Spessarts und sogar des nordhessischen Burgwaldes gepumpt.
Die Zukunft des Wassers – Frankfurt, RheinMain und sein Umland
oder: Wie die Politik Wasserprobleme lösen sollte
Podiumsdiskussion mit Kulturprogramm
21.03.2018 ab 19:30 Uhr
Grundwasservorkommen in Gefahr
In der Folge wurde, gerade in Trockenperioden, wertvollen Feuchtgebieten und Böden so viel Grundwasser entzogen, dass in einigen Gewinnungsgebieten irreparable Naturschäden entstanden. Nur der hartnäckige Widerstand der Landbevölkerung und der Naturschützer konnte bisher Schlimmeres verhindern und durchsetzen, dass zumindest im Vogelsberg nicht mehr Grundwasser entnommen werden darf als sich nachbildet. Doch das reicht für den Schutz des Naturraumes nicht mehr aus, zumal der eigentlich vorgeschriebene sparsame Wasserverbrauch mehr Wunsch als Wirklichkeit ist.
Künftig wird eine immer schlechtere Grundwasserneubildung einem wachsenden Wasserbedarf im Rhein-Main-Gebiet gegenüberstehen. Dies ergibt sich aus der Zusammenschau der Prognosen zum Klimawandel und zur Bevölkerungsentwicklung. Zudem sind durch die Wachstumsideologie des Ballungsraumes viele dortige Grundwasservorkommen mehr gefährdet denn je: Verkehrswege und Bauwut verschlingen nicht nur Böden und Natur sondern auch Wasserschutzgebiete und Brunnenstandorte. Deshalb rufen Wasserversorger, die vor allem betriebswirtschaftlich und damit wenig vorausschauend agieren, nach noch mehr Fernwasser. Was in Trockenperioden entweder zu einem Raubbau am Grundwasser oder zu Wassernotständen im Verbrauchsgebiet führen würde. Der Wassernotstand 1991/1992 lässt grüßen.
Reformen sind notwendig
In niederschlagsarmen Zeiten treffen beim heutigen Fernwasser-Versorgungssystem ein gravierender Wassermangel im Naturraum auf besonders hohe Verbrauchsspitzen in Rhein-Main. Diesen Konflikt zu lösen bleibt wieder einmal dem Naturschutz vorbehalten, der ein reformiertes System für eine zukunftsfähige Bewirtschaftung der Wasserressourcen ausgearbeitet hat. Die wichtigsten Eckpunkte sind
– Reduzieren des Fernwasserbezugs des Ballungsraumes durch verstärktes Nutzen der eigenen, in ausreichender Menge vorhandenen Wasserressourcen
– Vorrang des Grundwasserschutzes auch in Rhein-Main vor allen anderen konkurrierenden Nutzungen von Boden und Wasser
– Erhebliches Reduzieren des Trinkwasserbedarfes durch doppelte Leitungssysteme, die Gebäude z.B. für WC und andere Anwendungen zusätzlich mit gebietseigenem Nicht-Trinkwasser versorgen
Nunmehr gilt es, diese Forderungen so schnell wie möglich in die Praxis umzusetzen. Schon heute dürfte z. B. in Frankfurt für alle Gebäude keine einzige Baugenehmigung mehr ohne ein doppeltes Wasserversorgungssystem erteilt werden. Doch dies ist eine politische Entscheidung, die Mut verlangt, denn die Lobby der Trinkwasserverkäufer verhindert dies bislang – schließlich geht es hier um Millionen-Umsätze. Eine zukunftsfähige Ressourcenbewirtschaftung dient dagegen eher der Koexistenz von sicherer Wasserversorgung und Naturschutz als dem Geldbeutel der Aktionäre.
Dr. Hans-Otto Wack
Schutzgemeinschaft Vogelsberg e.V.